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Gerstenberger, Samuel

männlich 1866 - 1920  (54 Jahre)


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  • Name Gerstenberger, Samuel 
    Geburt 30 Aug 1866  Beresina, Gebiet Tarutino, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    Geschlecht männlich 
    Beruf Schuster 
    Tod 30 Aug 1920  Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    Ursache: Leberleiden 
    Personen-Kennung I187554  Zimbelmann
    Zuletzt bearbeitet am 6 Dez 2018 

    Vater Gerstenberger, Johann Gottlieb,   geb. 3 Jan 1824, Beresina, Gebiet Tarutino, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 20 Feb 1900, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 76 Jahre) 
    Mutter Nuske, Karolina G.,   geb. 4 Apr 1834, Leipzig, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 18 Feb 1900, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 65 Jahre) 
    Eheschließung 18 Mai 1856  Klöstitz, Gebiet Tarutino, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    Familien-Kennung F62731  Familienblatt  |  Familientafel

    Familie Bauer, Amalia,   geb. 11 Dez 1865   gest. 1945 (Alter 79 Jahre) 
    Eheschließung 20 Apr 1889  Raskajetz, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  [1
    Kinder 
     1. Gerstenberger, Samuel Woldemar,   geb. 21 Dez 1889, Dschaman Abat,, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 31 Aug 1890, Dschaman Abat,, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 0 Jahre)
     2. Gerstenberger, Gustav Adolf,   geb. 16 Mrz 1891   gest. 5 Jan 1892 (Alter 0 Jahre)
     3. Gerstenberger, Eduard Alexander,   geb. 1 Okt 1892   gest. 26 Apr 1969, Hennigsdorf, Kreis Oberhavel, Brandenburg, DDR Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 76 Jahre)
     4. Gerstenberger, Oskar,   geb. 16 Mrz 1894   gest. 31 Mai 1901 (Alter 7 Jahre)
    +5. Gerstenberger, Dr. med. Eduard,   geb. 22 Okt 1895, Dschaman Abat,, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 2 Feb 1986 (Alter 90 Jahre)
    +6. Gerstenberger, Albert,   geb. 6 Apr 1897, Dschaman Abat,, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 18 Jul 1968, Brenz an der Brenz, Kreis Heidenheim, Baden-Württemberg, Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 71 Jahre)
    +7. Gerstenberger, Elsa Erna,   geb. 15 Sep 1898, Dschaman Abat,, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. Datum unbekannt
     8. Gerstenberger, Irma,   geb. 26 Mrz 1900   gest. 16 Apr 1900, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 0 Jahre)
    +9. Gerstenberger, Irma Olga,   geb. 11 Jul 1901   gest. Datum unbekannt
    +10. Gerstenberger, Amalia Luzi,   geb. 20 Mrz 1903, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. Datum unbekannt
    +11. Gerstenberger, Ida Karolina,   geb. 17 Okt 1904, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 11 Okt 1962, Öhringen, Hohenlohekreis, Baden-Württemberg, Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 57 Jahre)
     12. Gerstenberger, Maria Amalia,   geb. 15 Jul 1906   gest. 15 Aug 1906, Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 0 Jahre)
    Zuletzt bearbeitet am 6 Dez 2018 
    Familien-Kennung F62967  Familienblatt  |  Familientafel

  • Ereignis-Karte
    Link zu Google MapsGeburt - 30 Aug 1866 - Beresina, Gebiet Tarutino, Region Bessarabien, Rußland Link zu Google Earth
    Link zu Google MapsEheschließung - 20 Apr 1889 - Raskajetz, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Link zu Google Earth
    Link zu Google MapsTod - Ursache: Leberleiden - 30 Aug 1920 - Tamurka, Gebiet Akkermann, Region Bessarabien, Rußland Link zu Google Earth
     = Link zu Google Earth 
    Pin-Bedeutungen  : Adresse       : Ortsteil       : Ort       : Region       : (Bundes-)Staat/-Land       : Land       : Nicht festgelegt

  • Notizen 
    • Dr. med. Eduard Gerstenberger:
      Note:
      Johann Gottlieb Gerstenberger war 7 Jahre alt und Samuel, Sohn des Gottfried und der Maria Gerstenberger, geb. Kohler, war 2 Jahre alt, als ihre Eltern 1831 an der Cholera starben.
      Friedericke Schwand, die Stiefschwester von Johann Gottlieb, nahm beide Vollwaisen zu sich „und zog sie auf wie zwei Brüder...“. Als nach Jahren Friedericke, verheiratete Fregin, starb, behandelte die 2. Frau von Fregin die Kinder "schlecht" und deshalb kam Gottlieb zu einem Bauern namens Lauscher als Kälberhirte auf die Wirtschaft und später zu dem Bauern Johann Ruff, - Samuel kam zu einem Schuster in die Lehre und blieb bei diesem Handwerk.
      Samuel Gerstenberger, geb. 31.08.1866 , wohnte traditionsgemäß nach seiner Heirat erst bei seinem Vater in Tamurka in einem von den ehemaligen Pächterhäusern. Nachher bekam er von seinem Vater das Gut Tamur = “Dschaman Abat” in der Nähe der deutschen Kolonie Mathildendorf. Die Hälfte des Gutes, welche im Tal gelegen war, bekam Samuel, sein Bruder Gottfried den oberen Teil. Im Tal baute Samuel sich Wohnhaus und Stallungen und zog dann mit seiner Familie um.
      Als er an einer schweren Malaria erkrankte, tauschte er mit seinem Bruder Gottfried das Gut in der Hoffnung, dass er auf dem Berg die Malaria verliere. Da die Krankheit ihn aber noch drei weitere Jahre quälte, verkaufte er sein Gut und kaufte von der Fürstin Gagarin 400 Desjatin Land unmittelbar angrenzend an das Gut seines Vaters. Es war eine vom Pflug noch nicht berührte Grassteppe, auf welcher das sog. “Bocksbartgras” wuchs. Wenn das 80cm hohe Gras blühte, hatte es silberne Wedel, bei Wind sah es wie ein wogendes Meer aus.
      Vor allen Dingen mussten wieder Haus und Stallungen, ebenso wie die Brunnen gebaut werden. Bis der neue Hof fertig war, wohnte Samuel wieder in dem “Kleinen Hof”. In diesem Gebäude wurde in den letzten Jahren vor der Umsiedlung in das Reich 1940 der Schulunterricht und der Gottesdienst abgehalten, zu welchem sich jeden Sonntag alle Brüder mit Familien einfanden. Die Predigt wurde anfangs immer von dem jeweils ältesten und später vom Lehrer vorgelesen.
      Samuel kaufte sich eine Herde Jungvieh um das üppige Gras abzuweiden, und um es im Herbst fett gut zu verkaufen. Aber das Jahr 1899 war eines jener gefürchteten Trockenjahre, wo es von Mitte April bis in die ersten Tage des Monats August keinen Tropfen regnete. Das Gesäte vertrocknete, kurz nachdem es aufgegangen war in der glühenden Hitze von 35-37 Grad im Schatten. Die Steppe war nicht mehr grün, sondern braun, und wenn man über sie lief, bekam man gelbbraune Schuhe. Das Vieh lief hungrig und durstig herum, ein Teil davon verendete, der andere Teil musste zu Schleuderpreisen verkauft werden. Es verhungerten und verdursteten 135 Jungbullen. Samuel musste Schulden machen, denn der Bau des Wohnhauses und der Wirtschaftsgebäude musste noch vor dem Winter fertig sein. Als der Hof fertig war sagte Samuel oft:” ...jetzt gehören mir nicht einmal die Hosen, die ich anhabe...”
      Als dann der Regen im August kam, regnete es ununterbrochen 3 Tage und es ist noch soviel Gras gewachsen, dass genügend Heu für die am Leben gebliebenen Schafe, Pferde und Kühe vorhanden war, um sie durch den Winter zu bringen.
      Als leidenschaftlicher Viehzüchter versuchte er es zuerst mit einer ungarischen Blauviehrasse mit meterlangen Hörnern. Die Kühe gaben zwar fette, aber wenig Milch. Deshalb versuchte er es mit einer Schwyzer Rasse – ein schwerer Bergviehschlag, auf niederen Füßen, mausgrau, mit einem schwarzen Streifen vom Nacken bis zum Schwanz. Diese Rasse vertrug das heiße Klima Bessarabiens nicht. 1911 bereiste Samuel mit seinem Bruder Wilhelm Deutschland. Zurück fuhren sie über Tirol. Hier fand er Gefallen an dem Simmentaler Vieh und kaufte sich einen dreijährigen Bullen zur Zucht. Er begann nun eine Kreuzung mit seinen Kühen und erreichte mit den Jahren eine fast reinrassige, aklimatisierte Viehherde vom schweren Schlag, welche allgemeine Achtung und Bewunderung fand. Auf einer landwirtschaftlichen Ausstellung in Tarutino bekam er für seine Ochsen eine Goldmedaille.
      Daneben züchtete er auch reinrassige Traberpferde der Orlower Rasse. Die umliegenden Gemeinden aller Nationen kauften gerne bei ihm ihre Zuchthengste. Da auch sein Bruder Adolf reinrassige Orlower züchtete, konnte eine Inzucht vermieden werden, destomehr, weil auch bei dem Gutsbesitzer Alfred Hoffmann reinrassige Orlower zur Verfügung standen.
      Neben der Vieh- und Pferdezucht war Samuel bekannt und berühmt als Schafzüchter von Persianerschafen der Karakulrasse. In den Jahren 1908-1910 fuhr eine Kommision des Kreises Akkerman nach Buchara und brachte von da 12 Zuchtböcke und 52 Schafe mit. Von diesen Schafen kaufte Samuel sich einen Zuchtbock und 4 Mutterschafe, welche den Kern seiner später bis auf über 100 reinrassiger Karakulschafe herangewachsenen Herde bildeten. Nach dem Tode Samuels erbte sein Sohn Albert mit dem Gut auch den Schafzuchtbetrieb, welcher die Herde bis zur Umsiedlung in das Reich 1940 auf 200 reinrassige und etwa 300 Hochzuchtkreuzungen mit den heimischen schwarzen “Zuschka”-Fellschafen erweiterte. Diese Tiere hatten sich prächtig in dem heißen, trockenen Klima Bessarabiens aklimatisiert.
      Mit der landwirtschaftlichen Kreiskommision “Semstwo” und später, zur rumänischen Zeit mit dem Kreislandwirtschaftsrat, hatte Samuel einen langjährigen Vertrag, wonach der Kreis sich verpflichtete, jährlich eine bestimmte Anzahl von den neugeborenen Böckchen abzunehmen. Sie wurden von dem Kreisamt nach einem bestimmten Plan an die rumänischen Gemeinden des Kreises verteilt, zur Aufbesserung der heimischen Fellschafzucht, insbesondere für die Herrenmützen.
      Die zur Zucht nicht tauglichen Lämmer wurden getötet und deren Fellchen jährlich von einem Vertreter der Leipziger Rauchwarenbetriebe abgeholt.
      An Geflügel wurden “Emdener Gänse”, “Pekinger Enten”, “Bronsen Puten”, sowie Hühner der Rasse “Weiße Italiener” und “Leghorn” neben verschieden Kreuzungen gehalten. Ferner fanden Schwärme von Tauben Unterschlupf auf und unter den Dächern.
      In Raskajetz, einem Ort am rechten Ufer des Dnjestr, hatten Deutsche und Franzosen langjährige Pachtverträge mit der Bischofsverwaltung in Kischinew, welche die Landbesitzerin war. Die Pächter hatten dieses Land mit Weinreben bepflanzt und viele Jahre bearbeitet, bis zwischen 1908 und 1910 die Weingärten durch eine Reblaus – die Filoksera – restlos vernichtet wurden. Die Pächter konnten den hohen Pachtzins nicht mehr bezahlen und da hatte die Bischofsverwaltung das leere Land zu günstigen Preisen und auf Abzahlung an die ehemaligen Pächter verkauft.
      Auch Samuel kaufte sich ein Grundstück , den sogenannten “Gerschheimer Hof”, bestehend aus 4 Desjatin Weinbergland und ¾ Desjatin Obstgarten, dazu Haus, Keller und Kelterei. Den ehemaligen Weingarten bepflanzte er wieder, aber mit französischen Reben, welche auf einer Wildrebenwurzel ein Edelrebenreis aufgepropft hatten, weil die Reblaus, welche die Wurzeln zerfraß, an die Wildrebenwurzel nicht heranging. Dadurch kamen nach Raskajetz die edlen französischen Weinarten wie Kaberne, Burgunder, Pino, Muskat u.s.w. Selbstverständlich haben auch alle anderen Winzer die französische Rebe angepflanzt.
      Den größten Teil seines Gartens bepflanzte Samuel mit Weinsorten, nur einen Teil mit Tafeltrauben. Die Tafeltrauben wurden am Abend gelesen, in Körbe verpackt und auf das Schiff, welches direkt am Garten hielt, verladen. Am Morgen des nächsten Tages konnte man sie zu günstigen Preisen in Tiraspol verkaufen. Der Wein wurde in großen Partien verkauft und von Käufern jenseits des Dnjestr abgeholt.
      Alles dies hörte auf, als Bessarabien von den Rumänen besetzt und der Dnjestr Grenzfluss wurde. Samuels Garten lag unmittelbar am Dnjestrufer – also an der Grenze. Weil die Arbeiter bei der Pflege der Gärten oft von der russischen Seite beschossen wurden, erschwerte sich ihre Bearbeitung. Zu allem Übel setzten sich die rumänischen Grenzer direkt im Garten fest, was die Ernte nicht gerade vermehrte. Da Rumänien selbst viel und guten Wein hatte, stockte auch der Absatz des Weines, welchen man unter Gestehenskosten verkaufen musste. Diese Umstände führten dazu, dass der Sohn Samuels – Eduard – welcher die Gärten erbte, sie gegen Ackerland in der Nähe seines Wohnsitzes tauschte.
      Die 1918 von der rumänischen Front geschlagene, zurückflutende “8. Russische Armee” plünderte das Gut restlos aus. Pferde, das Vieh ebenso wie die Getreidevorräte wurden mitgenommen. Nur ein Paar Pferde, mit welchen Samuel mit seiner Familie flüchtete, und ein paar verlaufene Kühe wurden gerettet. Die wertvolle Karakulschafherde weidete abseits des Gutes und blieb daher auch erhalten. Im ausgeplünderten Haus wurden die Möbel in einem Zimmer aufgeschichtet und angezündet. Das steinerne Haus mit seiner dicken Wickeldecke widerstand dem Feuer, so dass nur die Dielen, Fenster und Türen ausbrannten. Ein regnerisches Wetter hatte wohl auch dazu beigetragen, dass das Feuer sich nicht auf die Wirtschaftsgebäude ausbreitete. Samuel, der viele Jahre an Asthma litt, erkältete sich auf der Flucht von seinem Gut Tamurka nach Tarutino so schwer, dass sein chronischer Husten sich verschlimmerte, Herz und Leberfunktion versagten und er das Bett hüten musste. Der Gram über den großen wirtschaftlichen Verlust verbesserte natürlich auch nicht seinen Zustand. Durch das rumänische Agrargesetz wurde sein Gut von 300 auf 100 Desjatin verkleinert.
      Nachdem die Wohnräume wieder notdürftig repariert waren, zog Samuel wieder auf sein Gut Tamurka.Die Verwaltung des Restgutes übergab er seinem Sohn Albert, welcher es bis 1940 wieder zu einem Mustergut ausbaute, ebenso wie auch den Karakulzuchtbetrieb, eine Herde schwarzer Breitschwanzschafe, berühmt durch ihre Fellchen als Lämmer.
      Samuel starb, erst 54 Jahre alt, an seinem Leberleiden auf seinem Gut Tamurka. Er hinterließ neben seiner Frau Amalia 3 Söhne: Alexander, Eduard und Albert, und 4 Töchter: Elsa, Irma, Luzi und Ida, nebst einem Enkel: Erwin Bohnet, Sohn seiner ältesten Tochter Elsa.

  • Quellen 
    1. [S420] Dr. med. Eduard Gerstenberger, (Familienchronik).